August2016
Hunsrückwanderung
WANDERUNG AM 21.8.2016 im Hunsrück
Rundwanderung mit Aufstieg zur Ruine
Koppenstein
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Auch ein schöner Hunsrücken kann über weite Strecken entzücken
"Doh giht änem dat herz uff
wie nem tote Spatz de Arsch."
(Hunsrücker Hochsprache)
Einmal die Gewohnheit durchbrechen und was Neues versuchen, eine Region zu erkunden,
die bislang fast gänzlich im "toten Winkel" unserer Wanderziele liegt: Dies war der
Leitgedanke für die Wahl unserer Sommerwanderung 2016. Weder Vogelsberg noch
Wetterau, nicht in den "wilden Osten", sondern in den unbekannten, gleichwohl nicht weniger
dünn besiedelten Westen soll unsere Expedition führen. Dafür verlassen wir Hessen und
lassen uns auf die herben, waldreichen Naturlandschaften unseres Nachbarlandes Rheinland-
Pfalz ein. Auf dem Weg zum Ausgangspunkt unserer Wanderung registrieren wir die zu
Skulpturen in der Landschaft erstarrten Symbole der Energiewende: Eine beeindruckend
hohe Zahl von bis zu 200 m hohen Windrädern verleiht der rheinland-pfälzischen Region den
durchaus zweifelhaften Ruf eines El Dorados der Windkraft - zweifelhaft deshalb, weil sich
mittlerweile ein unübersehbarer Widerspruch auftut, der die Balance zwischen verbesserter
Öko-Bilanz der Gemeinden und steigenden kommunalen Einnahmen einerseits und der
Bewahrung landschaftsästhetischer Besonderheiten und dem Artenschutz andererseits
empfindlich stört. Ein Zielkonflikt, der hier sehr deutlich zutage tritt.
Gleichwohl: Unsere Wanderung ist die Reverenz an eine Region, die von sehr vielen im
wahrsten Sinne des Wortes "links liegen gelassen" wird: Es sind jene flüchtigen Passagiere
des Bus-Zubringers zum Flughafen Hahn, die den Hunsrück je nachdem als leeren Raum,
weiße Landkarte oder zu überwindendes Hindernis auf dem Weg zum ersehnten Abflug
erleben. Wir setzen dagegen mit unserer Wanderung ein Kontrastprogramm: Noch weit genug
entfernt von Hahn bremsen wir ab, steigen aus, machen uns zu Fuß auf den Weg ohne Hektik
und feste Zeitvorgaben, angefüllt mit Natur- und Landschaftseindrücken, die dem rein
abflugorientierten Reisenden entgehen. Dieser spart zwar Geld, bezahlt aber mit
Erfahrungsverlust.
Strecke
Der Rundkurs wird geprägt von zwei ehemaligen Burgen: der heutigen Burgruine
Koppenstein (errichtet 1155) mit dem Aussichtsturm - ehemaliger Bergfried - und dem
berühmten Wackelstein, zum anderen vom Barockschloss Gemünden (im 12. Jahrhundert als
Burg errichtet, 1720 als Schloss nach Zerstörung der Burganlage 1689 neu aufgebaut).
Ausgangspunkt der Wanderung ist die Gemeinde Gemünden, die den stolzen Titel "Perle des
Hunsrücks" trägt und innerhalb des neu gegründeten Naturparks Soonwald/Nahe liegt. In
diesem Schutzgebiet kreuzen sich Fernwanderwege wie der Europäische Fernwanderweg E3
(Atlantik - Ardennen - Böhmerwald), der Saar-Hunsrück-Steig und der Soonwaldsteig. Der
Weg führt bergauf entlang des Waldlehrpfades und mündet in höherer Lage auf einen
breiteren Forstweg, den wir alsbald verlassen und einen Steilhang mit der Markierung
"Soonwaldsteig" erklimmen, der uns nach circa 1 Stunde zur Koppensteiner Höhe (553 m)
führt. Vom Aussichtsturm genießen wir den herrlichen Panoramablick auf die Hochflächen
des Hunsrücks und der Eifel. Auf dem Gipfelgrat verläuft der Weg an dem bizarr
hervorragenden würfelförmigen Wackelstein vorbei in einem leichten Gefälle durch ein
Gelände mit bemoosten Felsbrocken hinunter zu einem schönen, lauschigen Aussichtspunkt
nahe der Abbruchkante des riesigen Steinbruchs.
Steil hinab mäandert der Pfad Richtung Simmerbachtal. Ohne die Talsohle zu erreichen,
biegen wir scharf links in den Fahrweg (mit guter Einsicht in den Quarzit-Steinbruch) nach
Henau ein. Von dieser auf einer Anhöhe gelegenen Ortschaft geht es talwärts in die 50-
Seelen-Gemeinde Königsau, ehe an deren Ortsende der ansteigende Weg auf den Lützelsoon-
kamm führt. Auf der Anhöhe treffen wir auf die Fernwanderwege, wobei wir den Abzweig
"Soonwaldsteig" rechts liegen lassen und dem durch das blaue Andreaskreuz markierten
Wanderweg E3 ins idyllische Gehlweiler (siehe Exkurs) folgen, ehe wir über einen
einstündigen Höhenweg unseren Startpunkt Gemünden wieder erreichen.
Gehlweiler - Kulisse und Drehort für die Filmreihe Heimat von Edgar Reitz
Große Bekanntheit erlangte die 236 Einwohner zählende Gemeinde Gehlweiler durch die
Dreharbeiten für den Kino-Film "Die andere Heimat" von Edgar Reitz im Jahr 2012. Es war dies ein
die Heimat-Trilogie ergänzender und ihr verwandter Film, für den in der gesamten Ortschaft
Kulissen errichtet und Umbauten vorgenommen wurden, die die Atmosphäre der Zeit um 1840
wiederaufleben ließen. Der Film beschreibt das Schicksal verarmter Hunsrücker, die nach Brasilien
auswanderten. In den Jahren 1840 bis 1843 blieb angesichts von Missernten, Hungersnöten und
Behördenwillkür für Tausende nur eine einzige Möglichkeit, um dem sozialen und politischen Elend
zu entgehen: das Verlassen der Heimat in Richtung Südamerika. Die Mutigsten und
Entschlossensten entschieden sich zu diesem Schritt ohne Wiederkehr. Im Zentrum der Geschichte
stehen die Mitglieder der Schmiedefamilie Simon aus der fiktiven Gemeinde Schabbach im Jahre
1840 und die gleichnamige Simon-Schmiede, die bereits in den ersten drei Heimat-Folgen eine Rolle
spielte. Um die alte Schmiede als Mittelpunkt des dörflichen Geschehens wurden Dekorationsbauten
mit Bauernhöfen, Schule, Gastwirtschaft, Kirche, Friedhof und Backes errichtet.
Spuren und Einflüsse der Hunsrücker Auswanderung haben sich in Brasilien bis heute erhalten, vor
allem in dem südbrasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul und dem Bundesstaat Santa
Catarina. Mit Beginn der Einwanderung im Jahr 1824 entwickelte sich bis heute das Hunsrück-
Deutsch als Sprache der Einwanderer unter der Bezeichnung Riograndenser Hunsrückisch
oder Katharinensisch - im brasilianischen Portugiesisch firmierend als hunsriqueano riograndense.
Riograndenser Hunsrückisch ist ein Einwandererdialekt, in dem sich verschiedene andere Dialekte
wie Pommersch, Bairisch und österreichische Dialekte mit Immigrantensprachen wie Portugiesisch
und Italienisch vermischen und eine brisante sprachliche Melange eingehen. Gleichwohl ist die
Verbreitung der Dialektsprache rückläufig - die Sprache wird fast nur noch im privaten Kreis
und von der älteren Landbevölkerung in sehr kleinen Sprachregionen gesprochen.
1)Charakteristik - Die Rundwanderung bietet abwechslungsreiche Abschnitte: enge
Waldwege mit felsigem Untergrund, Hochwaldwege, gut zu laufende Feld- und
Wiesenwege, Asphaltanteil an Wirtschaftswegen und Straßen(überquerungen) relativ
gering, typisch sind die häufigen Wechsel zwischen Anstiegen und Abstiegen;
Streckenlänge: circa 18 bis 20 km, reine Gehzeit etwa 5 Stunden. Es wird dringend
empfohlen, festes Schuhwerk wegen des z.T. felsigen Gehweges zu tragen.
2)Stationen - Gemünden - Koppensteiner Höhe - Henau - Königsau - Gehlweiler -
Gemünden
Ausgangs- und Treffpunkt
Gemünden, Parkplatz in der Raiffeisenstraße, Startzeit: 10.30 Uhr
Die Fahrtzeit von Frankfurt nach Gemünden beträgt circa 75 bis 80 Minuten. Es empfiehlt
sich, in Frankfurt zwischen 9.00 und 9.10 Uhr loszufahren. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln
ist der Ausgangspunkt der Wanderung nicht erreichbar.
Anfahrt
A3 über Frankfurter Kreuz bis Mönchhofdreieck - dort auf die A67 bis Rüsselsheimer
Dreieck - dort auf die A60 (Richtung Mainz) - weiter auf der A60 (Richtung Bingen) bis
Dreieck Nahetal (hinter Bingen) - dort auf die A61 (Richtung Koblenz/Köln) - Abfahrt von
der A61: Rheinböllen - nach der Abfahrt auf die gut ausgebaute B50, der Ausschilderung
"Gemünden" folgen, in kurzer Zeit ist man vor Ort; in Gemünden auf der Durchgangs- bzw.
Hauptstraße den Ort fast bis zum Ende durchfahren, ehe scharf links die Raiffeisenstraße
abzweigt (Ausschilderung "Bürgerhaus"). In diese Straße hineinfahren (an der Feuerwehr
vorbei), bevor sich nach ca. 200 Metern auf der rechten Seite (und links vom Bolz-
/Spielplatz) der Parkplatz befindet.
Wichtiger Hinweis: Sowohl für Hin- und Rückfahrt die A66 über Wiesbaden unbedingt
meiden, da dort (Schiersteiner Brücke) fast immer Stau! Auf der Rückfahrt demnach
am Dreieck Mainz nicht die A 643 Wiesbaden/Frankfurt nehmen, sondern geradeaus
auf der A60 der Ausschilderung Mainz/Darmstadt folgen.
Einkehr/Rast
Trinkpausen bieten sich auf der Koppensteiner Höhe bzw. am Aussichtspunkt über dem
Steinbruch an. Der mittägliche Picknick käme für ein Feldstück vor Henau bzw. in Henau
selbst auf einer kleinen Grünanlage infrage. Der Startzeitpunkt wurde bewusst nicht zu spät
gewählt, um in Gemünden Gelegenheit für einen Cafébesuch zu haben. Wenn wir gegen
17.00 Uhr zurückkehren würden, wäre für das großzügige, bis 18.00 geöffnete Café Luth
genügend Zeit vor Antritt der Rückfahrt.
Organisatorisches
Potenzielle FahrerInnen sollten sich melden, die Verteilung auf die Fahrzeuge erfolgt wie
bisher informell über telefonische Absprache oder E-Mail. Bei Fragen zur Koordination von
Mitfahrmöglichkeiten: Bernd und Thomas. Je nach Situation und falls erforderlich fahren
wir beide mit dem eigenen Wagen - aber: Genaueres am Wochenende.
BW, 8/2016)
Bernd und Thomas
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